Interview mit Frank Lucaßen, Geschäftsführer, Fresenius Kabi Deutschland GmbH, Bad Homburg

In regelmäßigen Interviews kommen die Unterstützer von „Homecare - Ambulante Perspektiven“ zu Wort. Das fünfteGespräch führten wir mit Herrn Lucaßen, Geschäftsführer der Fresenius Kabi Deutschland GmbH.

Herr Lucaßen, Fresenius Kabi Deutschland ist einer der führenden Anbieter von Homecare-Leistungen. Was kennzeichnet Ihr Unternehmen?

Wir übernehmen als Partner im Gesundheitswesen Verantwortung für hochwertige, individuell abgestimmte Produkt- und Serviceangebote, die den Einsatz für Therapieerfolg und Lebensqualität in der Klinik, der Arztpraxis, der Pflegeeinrichtung oder zuhause einfacher und sicherer machen. Besonders spezialisiert haben wir uns dabei auf die Versorgung von chronisch und kritisch kranken Patienten in den Leistungsbereichen klinische Ernährung (enteral und parenteral), Arzneimittel (intravenöse Arzneimittel), Infusionen und Medizinprodukte. Wir sind jedoch nicht nur Hersteller, sondern wie alle Homecare-Unternehmen auch produktübergreifender Leistungserbringer und sorgen zudem für eine Vernetzung zwischen klinischer und ambulanter Versorgung

Welche Entwicklungen zeichnen sich im Homecare-Markt ab?

Im Homecare-Bereich zeichnet sich ein Konzentrationsprozess auf der Anbieterseite ab, vergleichbar mit jener auf dem Arzneimittelmarkt. Gleichzeitig gibt es aber auch einen stärkeren Trend zur Regionalisierung, etwa in Form von regionalen Versorgungsnetzwerken. Auch der Einsatz von moderner Informationstechnologie findet immer mehr Einzug in die Homecare-Branche und wird in Zukunft eine noch größere Rolle spielen. Eine bedenkliche Entwicklung sind die sinkenden Erstattungspreise, bei gleichzeitig zunehmenden Qualitätsanforderungen der Gesetzlichen Krankenkassenverbände. In diesem Zusammenhang werden oft die steigenden Rohstoffpreise sowie Energie- und Personalkosten nicht ausreichend berücksichtigt.

Sind die derzeitigen gesetzlichen Rahmenbedingungen in der Homecare-Branche ausreichend, oder müsste sich etwas ändern?

Der gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat vom Gesetzgeber den Auftrag bekommen, die Regelung zur Versorgung von Patienten, die enterale Ernährung benötigen, zu überarbeiten. Die bestehende Regelung hat sich aus unserer Sicht für die Versorgung von Patienten als bedarfsgerecht erwiesen. Wir setzen daher darauf, dass der G-BA sich dieses Themas mit Augenmaß und Fachkompetenz annimmt. Gerade die Ernährungstherapie wird in ihrer Bedeutung oft unterschätzt und zu sehr unter Kostenaspekten betrachtet. Mittlerweile gibt es jedoch eine Reihe gesundheitsökonomischer wissenschaftlicher Untersuchungen, die einen positiven Einfluss von enteralen Ernährungstherapien auf die Patientenversorgung belegen. Mit dem Ansatz „ambulant vor "stationär“ liefert Homecare hier einen wesentlichen Beitrag und vermeidet Versorgungslücken bzw. -brüche. Diese Homecare-Leistungen die über die Produktherstellung und -lieferung hinausgehen sind notwendig und wichtig, werden aber bei entsprechenden Richtlinien oft außer Acht gelassen.

Welchen Beitrag leisten Homecare-Unternehmen zur Kosteneffektivität im Gesundheitswesen?

Homecare-Unternehmen verhindern sogenannte „Versorgungsbrüche“, insbesondere beim Übergang von einer stationären zu einer ambulanten Versorgung. Indem wir dazu beitragen, auch komplexe Therapien ambulant fortzusetzen, können Wiedereinweisungen in die Klinik verringert werden. Gleichzeitig schaffen wir Transparenz bei den Prozessen und gewährleisten einen sicheren und schnelleren Austausch von relevanten Informationen.

Welche zukünftigen Herausforderungen für die Patientenversorgung sehen Sie und wie kann die Homecare-Branche hier die Politik unterstützen?

Eine besondere Herausforderung ergibt sich mit Sicherheit durch den demographischen Wandel, durch welchen nicht nur die Zahl der Pflegebedürftigen generell zunimmt, sondern auch jene der multimorbiden Patienten. Gleichzeitig zeichnet sich bereits heute ein Fachkräftemangel ab – wir werden also mehr Patienten mit immer komplexeren Bedürfnissen haben, aber nicht ausreichend Fachkräfte, um sie angemessen zu versorgen. Dieses Problem wird sich außerhalb der Ballungszentren in den ländlichen Regionen noch zusätzlich verschärfen. Auch der zunehmende Kostendruck im Gesundheitssystem wird eine bedarfsgerechte Versorgung in ganz Deutschland weiter erschweren. Durch die Gestaltung von Versorgungsnetzwerken und Versorgungskonzepten in Abstimmung mit Politik und Krankenkassen, können Homecare-Unternehmen hier zu einer wesentlichen Entlastung des Gesundheitssystems beitragen. Sie tragen bereits heute zu einer effizienten, wirtschaftlichen Versorgung mit hoher Qualität bei und können in dieser Funktion besonders bei komplexen Therapien für multimorbide Patienten unterstützen. Gleichzeitig ist die Homecare-Branche ein attraktiver Arbeitgeber für medizinisch-pflegerische Fachkräfte.

Herr Lucaßen, wir bedanken uns für das Gespräch.

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